Antiemetika und QT-Intervall-Verlängerung

Welche Antiemetika sind bei oralen Tumortherapien mit einem erhöhten Risiko für QT-Intervall-Verlängerungen bevorzugt einzusetzen?

Nachfolgenden finden Sie eine Übersicht häufig eingesetzter Antiemetika, eingeteilt nach Ihrem Risiko für die Verlängerung des QT-Intervalls und dem Auftreten von Torsade de Pointes-Arrhythmien (TdP). Diese Einstufung soll Sie bei der Auswahl eines geeigneten Antiemetikums unterstützen.

Zusätzlich sind stets individuelle Faktoren zu berücksichtigen, insbesondere:

  • Eigenschaften der Tumortherapie (z.B. emetogenes Potential)
  • Patientenindividuelle Risikofaktoren, Symptomatik
  • Faktoren, die das Risiko für QT-Intervall-Verlängerungen beeinflussen können (z.B. kardiale Vorerkrankungen, weibliches Geschlecht, Begleitmedikationen)

Zur Reduktion des Risikos lebensbedrohlicher TdP-Arrhythmien, sollten folgende Maßnahmen beachtet werden:

  • regelmäßige Kontrollen und – falls nötig – Korrekturen der Serumelektrolyte (insb. Magnesium, Kalium)
  • EKG-Kontrollen mit Bestimmung der QT-Zeit (QTc) vor Beginn sowie ggf. im Verlauf der Therapie (abhängig vom individuellen Risiko und der initialen QTc-Zeit)
  • Aufklärung der Patienten über mögliche Symptome einer QT-Intervall-Verlängerung (z.B. Palpitationen, Synkope) sowie Hinweise zu besonderer Vorsicht / Kontaktaufnahme bei Situationen, die Elektrolytstörungen begünstigen (z.B. Diarrhö, Erbrechen, Beginn/Änderung einer diuretischen Therapie)

Antiemetika, die eingesetzt werden können (kein / geringes Risiko für QT-Intervall-Verlängerung / TdP):

  • Dopamin-Rezeptor-Antagonisten: Metoclopramid (MCP), Olanzapin
  • Glukokortikoide: Dexamethason
  • Neurokinin-1-Rezeptor-Antagonisten: Aprepitant, Fosaprepitant → Interaktionen beachten (moderate CYP3A4-Hemmung)!

Mit Vorsicht einzusetzen (moderates Risiko für QT-Intervall-Verlängerung / TdP):

  • 5-HT3-Rezeptor-Antagonisten: Granisetron, Palonosetron
  • Neurokinin-1-Rezeptor-Antagonisten: Netupitant (wegen Fixkombination mit Palonosetron)

Zu vermeiden (hohes Risiko für eine QT-Intervall-Verlängerung / TdP):

  • Dopamin-Rezeptor-Antagonisten: Domperidon
  • 5-HT3-Rezeptor-Antagonisten: Ondansetron (Risiko bei intravenöser Anwendung ↑)

Quellen:

Woosley RL, Heise CW, Gallo T et al. CredibleMeds. QTdrugs List, Zugriff: 01.07.2025. https://www.crediblemeds.org

UpToDate. Acquired long QT syndrome: Clinical manifestations, diagnosis, and management. UpToDate. Wolters Kluwer. Version 34.0. Zugriff: 01.07.2025. https://www.uptodate.com

Fachinformation IVEMEND®, Oktober 2021, Zugriff: 01.07.2025. https://www.fachinfo.de

Fachinformation EMEND®, Oktober 2021, Zugriff: 01.07.2025. https://www.fachinfo.de

Fachinformation Akynzeo®, Oktober 2024, Zugriff: 01.07.2025. https://www.fachinfo.de

Probiotika bei oraler Tumortherapie

Ist der Einsatz von Probiotika zur Prophylaxe und/oder Therapie einer Diarrhö unter oralen Tumortherapien sinnvoll?

Definitionen

  • Probiotika enhalten lebensfähige Mikroorganismen (z.B. Saccharomyces boulardii, Bifidobakterien, Lactobacillen, Enterokokken, E.coli)
  • Präbiotika enthalten keine Mikroorganismen, sondern lediglich deren Nahrungsgrundlage (meist unverdauliche Kohlenhydrate)
  • Synbiotika sind Kombination aus Pro- und Präbiotika
  • Postbiotika enthalten Mikroorganismen in nicht-lebensfähiger Form (z.B. als Zelllysat oder hitzeinaktiviert) – sie werden häufig fälschlicherweise ebenfalls als Probiotika bezeichnet

Allgemeine Hinweise

Probiotika werden zur Therapie akuter und Antibiotika-assoziierter Diarrhö eingesetzt. Für diesen Zweck existieren zugelassene Arzneimittel wie z. B. Perenterol®. Die meisten auf dem Markt befindlichen Probiotika sind allerdings keine Arzneimittel, sondern Nahrungsergänzungsmittel. Für diese ist generell kein Nachweis von Sicherheit und Wirksamkeit erforderlich!

Evidenz zur Prophylaxe

Die S3-Leitlinie ‚Supportive Therapie onkologischer PatientInnen‘ spricht aufgrund der heterogenen Datenlage keine spezifische Empfehlung zum prophylaktischen Einsatz von Probiotika aus.

Folgende Studien wurden berücksichtigt:

  • unverblindete Studie mit rund 150 Patienten mit kolorektalem Karzinom zur Prophylaxe der 5-Fluorouracil-induzierten Diarrhoe: von 150 eingeschlossenen Patienten wurden 97 in der Synbiotika-Gruppe behandelt. In dieser traten im Vergleich zur Kontrollgruppe weniger häufig schwere Diarrhöen (Grad 3-4) auf
  • Metaanalyse mit ca. 1.100 Patienten: Probiotika zusätzlich zu einer onkologischen Therapie (zytotoxisch, zielgerichtet oder Immuntherapie) hatte im Vergleich zu Placebo keinen Einfluss auf die Inzidenz der Diarrhö oder die Häufigkeit schwerer Diarrhöen (Grad 3)

Die Leitlinie weist zudem auf das Risiko einer Sepsis unter der Einnahme von Probiotika hin und empfiehlt, immunsupprimierte Patienten nicht mit Probiotika zu behandeln. Das zugelassene Arzneimittel Perenterol® ist aus diesem Grund bei immunsupprimierten Patienten kontraindiziert.

Evidenz zur Therapie

Laut S3-Leitlinie sollte die initiale Therapie einer unkomplizierten Tumortherapie-assoziierten Diarrhö mit Loperamid in ausreichender Dosierung erfolgen: 4 mg initial, gefolgt von 2 mg alle 2-4 Stunden. Die Leitlinie enthält keine Angaben zum therapeutischen Einsatz von Probiotika.

Fazit

  • Zur Prophylaxe Tumortherapie-bedingter Diarrhö mit Probiotika besteht nur wenig Evidenz und für orale Tumortherapien liegen keine Untersuchungen vor
  • Bei immunsupprimierten Patienten wird der Einsatz von Probiotika wegen des Risikos einer Sepsis nicht empfohlen
  • Präbiotika oder Postbiotika, also Produkte ohne lebensfähige Mikroorganismen, könnten bei entsprechendem Patientenwunsch prophylaktisch eingesetzt werden – belastbare Daten zur Wirksamkeit liegen jedoch auch hierzu nicht vor
  • Zur Therapie der Tumortherapie-bedingten Diarrhö sollte leitliniengerecht Loperamid eingesetzt werden

Quelle:

Supportive Therapie bei onkologischen PatientInnen. Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF). Langversion 2.0, 2025. Zugriff: 01.07.2025. https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/supportive-therapie/

Antiemese bei oraler Tumortherapie

Welche Empfehlungen gibt es zum Thema Übelkeit und Erbrechen bei oraler Tumortherapie? Gibt es Wirkstoffe, bei denen eine antiemetische Prophylaxe notwendig ist?

Zur Prophylaxe und Therapie von Übelkeit und Erbrechen im Rahmen oraler Tumortherapien besteht leider nach wie vor deutlich weniger Evidenz als für intravenöse Tumortherapien. Eine besondere Herausforderung stellt dabei die meist kontinuierliche Einnahme der oralen Tumormedikamente dar. Dies führt zu einer Art „Mischform“ aus akutem und verzögertem Erbrechen, was die Prophylaxe und Therapie erschwert. Zudem ist die durchgehende Einnahme von Antiemetika, wie 5-HT3-Rezeptorantagonisten, Metoclopramid (MCP) oder Kortikosteroiden, aufgrund potentieller Nebenwirkungen (u.a. Obstipation, QT-Intervall-Verlängerung, extrapyramidaler Störungen, Immunsuppression) kritischer zu sehen, als die einmalige oder kurzzeitige Gabe bei zyklischen intravenösen Therapien.

Leitlinien-Empfehlungen

Die amerikanischen NCCN-Guidelines® waren die ersten, die Empfehlungen zur antiemetischen Prophylaxe bei oraler Tumortherapie basierend auf dem emetogenen Potential der Wirkstoffe formulierten. Diese basieren mangels Evidenz in größten Teilen auf einem Expertenkonsens. Inzwischen geben auch die deutschen Leitlinien (S3 Leitlinie ‚Supportive Therapie onkologischer PatientInnen‘, Onkopedia) vergleichbare Empfehlungen.

Wie bei intravenöser Chemotherapie erfolgt die Auswahl der antiemetischen Prophylaxe basierend auf dem emetogenen Potential der eingesetzten Wirkstoffe und patientenindividuellen Risikofaktoren (z.B. weibliches Geschlecht, junges Alter, Vorerfahrung mit Emesis, Reiseübelkeit etc.):

Moderat / hoch emetogene Wirkstoffe (Risiko für Erbrechen ohne Prophylaxe ≥ 30%):

Primärprophylaxe über 7 Tage:

  • 5-HT3-Rezeptorantagonist Tag 1-7: z.B. Granisetron 1 mg 1-2 x täglich oder 2 mg 1-0-0 oder 3,1 mg/24 h transdermal, Ondansetron 8 mg 1-2 x täglich
  • Dexamethason 4-8 mg 1-0-0 an Tag 1-3
  • Einnahme etwa 30 Minuten vor der oralen Tumortherapie

Ab Tag 8:

  • Auslassversuch, um zu prüfen, ob in der Folge eine antiemetische Bedarfsmedikation ausreicht
  • Bei Übelkeit/Erbrechen nach Auslassversuch Primärprophylaxe erneut beginnen

Die amerikanische NCCN-Guideline® empfiehlt abweichend nur 5-HT3-Rezeptorantagonisten als Primärprophylaxe, jedoch kein Dexamethason. Zudem wird hier Olanzapin (2,5 – 10 mg vor dem Zubettgehen) als Alternative zu den 5-HT3-Rezeptorantagonisten angegeben (Off-label-Use).

Minimal / gering emetogene Wirkstoffe (Risiko für Erbrechen ohne Prophylaxe < 30%):

  • Antiemetische Bedarfsmedikation: z.B. MCP oder 5-HT3-Rezeptorantagonist
  • Bei patientenindividuellen Risikofaktoren Primärprophylaxe erwägen, z.B.:
    • MCP 10 mg 1-1-1 an Tag 1-7 oder
    • 5-HT3-Rezeptorantagonist an Tag 1-7 oder
    • Dexamethason 4 mg 1-0-0 an Tag 1-3

⇒ Eine antiemetische Prophylaxe ist somit bei moderat / hoch emetogenen Wirkstoffen insbesondere zu Therapiebeginn empfehlenswert.

Beispiele für häufig eingesetzte orale Tumortherapeutika mit moderatem bis hohem emetogenem Potential laut S3-Leitlinie:

  • CDK4/6-Inhibitoren: Abemaciclib, Ribociclib
  • PARP-Inhibitoren: Niraparib, Olaparib, Rucaparib
  • BCR-ABL-Inhibitoren: Bosutinib, Imatinib

Die vollständige Wirkstoffliste finden Sie hier: S3 Leitlinie ‚Supportive Therapie onkologischer PatientInnen‘ bzw. bei Onkopedia

Übrigens:

Einige orale Tumortherapeutika sind mit einem Risiko für QT-Intervall-Verlängerungen assoziiert. Dies sollte bei der Auswahl des Antiemetikums berücksichtigt werden.

Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie in unserem FAQ-Beitrag ‚Antiemetika und QT-Intervall-Verlängerung‘.


Quellen:

National Comprehensive Cancer Network. NCCN Guideline Antiemesis. Version 2.2025. https://www.nccn.org

Supportive Therapie bei onkologischen PatientInnen. Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF). Langversion 2.0, 2025. Zugriff: 02.07.2025. https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/supportive-therapie/

Antiemese bei medikamentöser Tumortherapie. Onkopedia. Mai 2021. Zugriff: 02.07.2025. https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/antiemese-bei-medikamentoeser-tumortherapie/@@guideline/html/index.html

Diarrhö unter Lenalidomid

Ein Patient leidet unter persistierenden Durchfällen während der Lenalidomid-Erhaltungstherapie, die nicht auf Loperamid ansprechen. Andere Ursachen – etwa infektiöse Ursachen wie Clostridien – wurden ausgeschlossen. Gibt es andere Therapieoptionen?

Bei persistierenden, Loperamid-refraktären Durchfällen unter Lenalidomid sollte an eine chologene Diarrhö gedacht werden, die durch ein Gallensäureverlustsyndrom entsteht.

Einsatz von Gallensäurebindern

  • Gallensäurebinder binden die überschüssigen Gallensäuren im Darm und können somit die Diarrhö wirksam reduzieren.
  • Colesevelam (z.B. Cholestagel® oder Generika) wurde in zwei kleinen Studien zur Behandlung der chologenen Diarrhö unter Lenalidomid untersucht und zeigte eine gute Wirksamkeit [Pawlyn et al. 2014, Hultcrantz et al. 2024]
  • Hinweis: der Einsatz erfolgt off-label, da Colesevelam nur zur Lipidsenkung bei Hypercholesterolämie zugelassen ist
  • Dosierung in Studien:
    • Initial: 1250 mg 1 x täglich (entspricht 2 Tabletten à 625 mg)
    • Bei unzureichender Wirkung: Dosissteigerung auf maximal 3750 mg pro Tag (6 x 625 mg Tbl. 1 x täglich oder 3 x 625 mg Tbl. 2 x täglich)
    • Behandlungsdauer: maximal 12 Wochen

Wichtige Interaktionen

  • Colesevelam kann andere Wirkstoffe binden und deren Resorption reduzieren → andere Medikamente zur Sicherheit mind. 4 Stunden vor oder 4 Stunden nach Colesevelam einnehmen
  • Beeinflussung der Vitamin K-Resorption möglich → Wirkung von Vitamin K-Antagonisten wie Phenprocoumon kann verstärkt sein → INR engmaschig kontrollieren, v.a. zu Therapiebeginn

Ergänzende Maßnahmen

  • Fettreduzierte, leicht-verdauliche Mahlzeiten
  • Ausreichende Flüssigkeitszufuhr (mindestens 2 Liter/Tag)
  • Traditionell eingesetzte Präparate wie Heilerde oder Flohsamenschalen können bei milder chologener Diarrhö hilfreich sein, weil sie ebenfalls Gallensäuren binden. Bei stärkeren Beschwerden reicht ihre Wirkung jedoch nicht aus. Auch bei diesen Präparaten gilt: Einnahmeabstand zu anderen Medikamenten beachten!

Quellen:

Pawlyn C, Khan MS, Muls A, et al. Lenalidomide-induced diarrhea in patients with myeloma is caused by bile acid malabsorption that responds to treatment. Blood. 2014;124(15):2467-2468. doi:10.1182/blood-2014-06-583302

Hultcrantz M, Hassoun H, Korde N, et al. Colesevelam for lenalidomide associated diarrhea in patients with multiple myeloma. Blood Cancer J. 2024;14(1):164. doi: 10.1038/s41408-024-01136-1

Fachinformation Cholestagel®, Juni 2025. Zugriff: 09.07.2025.https://www.fachinfo.de 

Muskelkrämpfe unter BCR-ABL-Inhibitoren

CML-Patienten, die mit BCR-ABL-Inhibitoren behandelt werden, klagen häufig über Muskelkrämpfe. Was lässt sich supportiv empfehlen? Treten diese Beschwerden bei allen BCR-ABL-Inhibitoren gleichermaßen auf oder kann bei ausgeprägter Symptomatik ein Substanzwechsel sinnvoll sein?

Tatsächlich zählen Muskelkrämpfe, ebenso wie Myalgien und andere muskoskelettale Schmerzen, zu den häufigsten Nebenwirkungen dieser Wirkstoffklassen.

Häufigkeit muskulärer Beschwerden von BCR-ABL-Inhibitoren im Vergleich

Wirkstoff Muskelkrämpfe (%) Myalgie (%)
Imatinib 28–62 % 16–49 %
Nilotinib 12–15 % 16–19 %
Ponatinib 5–14 % 6–24 %
Dasatinib ~5 % 8–22 %
Bosutinib keine Angabe 1–10 %
Asciminib keine Angabe 25 % (muskuloskelettale Beschwerden, nicht näher differenziert)

Für Imatinib sind die höchsten Raten an Muskelkrämpfen beschrieben, gefolgt von Nilotinib, Ponatinib und Dasatinib. Für Bosutinib und Asciminib finden sich in den Fachinformationen sowie in UpToDate derzeit keine Angaben zu Muskelkrämpfen – Myalgie und muskuloskelletale Beschwerden treten jedoch auch hier sehr häufig auf. Für alle BCR-ABL-Inhibitoren sind zudem Arthralgien als sehr häufige Nebenwirkung gelistet.

In schweren und therapieresistenten Fällen von Muskelkrämpfen kann aufgrund der unterschiedlichen Häufigkeit dieser Nebenwirkung ein Wechsel auf einen anderen BCR-ABL-Inhibitor (z.B. von Imatinib auf Bosutinib) erwogen werden. Dabei sind die individuellen Zulassungen der Wirkstoffe, sowie ggf. weitere Begleiterkrankungen und – medikationen zu beachten.

Empfehlungen für die klinische Praxis

Nicht-medikamentöse Maßnahmen

Leichte bis moderate Muskelbeschwerden lassen sich oft durch Bewegung, Dehnübungen und ggf. physikalische Maßnahmen lindern.

Medikamentöse Maßnahmen

  • Analgetika wie Paracetamol oder NSAID können unter Beachtung von Komorbidiäten und Begleitmedikationen symptomatisch eingesetzt werden. Eine längerfristige Anwendung sollte aufgrund potentieller Nebenwirkungen vermieden werden.
    • Bei Imatinib sollte kein Ibuprofen eingesetzt werden (erniedrigt die intrazelluläre Aufnahme und somit Wirksamkeit von Imatinib), in Kombination mit Paracetamol besteht ein erhöhtes Risiko für Hepatotoxizität!
  • Magnesium wird traditionell bei Muskelkrämpfen eingesetzt. Trotz begrenzter Evidenz stellt es eine in der Regel gut verträgliche Therapieoption dar.
    • Höheren Dosierungen können zur Diarrhö führen.
    • Zur Vermeidung von Interaktionen durch Komplexbildung (z.B. mit Levothyroxin, Doxycyclin) sollte ein Einnahmeabstand zu entsprechenden Wirkstoffen eingehalten werden.
  • Chinin ist zwar zur Therapie schwerer Muskelkrämpfe zugelassen, kann jedoch zur Therapie BCR-ABL-induzierter Muskelkrämpfe nicht empfohlen werden.
    • Chinin weist ein hohes Interaktionspotential auf (P-gp-Inhibitor, CYP3A4-Substrat) und wurde 2015 wegen potentiell schwerwiegender Nebenwirkungen in der Indikation eingeschränkt.
    • Es wirkt QT-Intervall-verlängernd und kann Torsade de Pointes-Arrhythmien auslösen. Eine Hypokaliämie oder die gleichzeitige Einnahme QT-verlängernder Arzneimittel – wozu auch viele BCR-ABL-Inhibitoren zählen – stellen Kontraindikationen dar!
    • Weitere potentielle Risiken sind u.a. schwerwiegende allergische Reaktionen und Blutbildveränderungen (z.B. hämolytische Anämie, Thrombozytopenie).
    • Auch die Einnahme größerer Mengen Chinin in Form von Getränken (z.B. Bitter Lemon, Tonic Water) ist kritisch zu sehen.

Fazit

Die Evidenzlage zur Behandlung von Muskelkrämpfen unter BCR-ABL-Inhibitoren ist begrenzt. Im Vordergrund steht die symptomatische Therapie mit nicht-medikamentösen Maßnahmen sowie der Einsatz von Magnesium. Bei anhaltender, stark ausgeprägter Symptomatik kann ggf. ein Wechsel des BCR-ABL-Inhibitors sinnvoll sein. Von der Anwendung von Chinin ist aufgrund des Interaktions- und Nebenwirkungspotential abzuraten.


Quellen:

Fachinformation Glivec®. August 2023. Zugriff 14.07.2025. https://www.fachinfo.de

Fachinformation Tasigna®. Mai 2022. Zugriff 14.07.2025. https://www.fachinfo.de

Fachinformation Iclusig®. März 2022. Zugriff 14.07.2025. https://www.fachinfo.de

Fachinformation Sprycel®. Juni 2022. Zugriff 14.07.2025. https://www.fachinfo.de

Fachinformation Bosulif®. November 2024. Zugriff 14.07.2025. https://www.fachinfo.de

Fachinformation Scemblix®. Juli 2024. Zugriff 14.07.2025. https://www.fachinfo.de

Fachinformation Limptar®. Dezember 2022. Zugriff 14.07.2025. https://www.fachinfo.de

Drug Information: Imatinib. UpToDate. Wolters Kluwer. Version 576.0. Zugriff: 14.07.2025. https://www.uptodate.com

Drug Information: Nilotinib. UpToDate. Wolters Kluwer. Version 447.0. Zugriff: 14.07.2025. https://www.uptodate.com

Drug Information: Ponatinib. UpToDate. Wolters Kluwer. Version 296.0. Zugriff: 14.07.2025. https://www.uptodate.com

Drug Information: Dasatinib. UpToDate. Wolters Kluwer. Version 409.0. Zugriff: 14.07.2025. https://www.uptodate.com

Drug Information: Bosutinib. UpToDate. Wolters Kluwer. Version 267.0. Zugriff: 14.07.2025. https://www.uptodate.com

Drug Information: Asciminib. UpToDate. Wolters Kluwer. Version 93.0. Zugriff: 14.07.2025. https://www.uptodate.com

Bescheid des BfArM zu Chinin (Limptar®). Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Zugriff: 14.07.2025. https://www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/Pharmakovigilanz/DE/RV_STP/a-f/chinin-stp.html

Capecitabin und PPI

Das Interaktionspotential von Kinase-Inhibitoren und Protonenpumpen-Inhibitoren (PPI) ist bekannt. Aber wie ist die Datenlage bei Capecitabin? In der Fachinformation findet man keine Hinweise auf eine Interaktion, einige Interaktionschecks warnen vor der Kombination mit PPI, andere nicht. Wie ist die klinische Relevanz einzuschätzen?

Mehrere retrospektive Analysen konnten zeigen, dass Patienten die gleichzeitig einen PPI und Capecitabin einnahmen, ein signifikant schlechteres Outcome hatten [1-6].

Je nach Studie konnten negative Einflüsse auf das progressionsfreie Überleben, das rezidivfreie Überleben oder das Gesamtüberleben gezeigt werden. Die Untersuchungen wurden in verschiedenen Tumorentitäten (u.a. kolorektales Karzinom, Magenkarzinom), mit unterschiedlichen Therapieintentionen (adjuvante, palliative Therapie) sowie verschiedenen Therapieprotokollen (Capecitabin allein, verschiedene Kombinationstherapien) durchgeführt. Die Definition des „gleichzeitigen“ PPI-Gebrauchs war ebenfalls uneinheitlich. Einige Studien ordneten Patienten nur dann der PPI-Gruppe zu, wenn sie über mindestens 20% der Therapiedauer einen PPI einnahmen. In anderen Studien war bereits eine Folgeverordnung eines PPI zu einem beliebigen Zeitpunkt der Therapie ausreichend für eine Zuordnung zur PPI-Gruppe und in wenigen Fällen ist das Vorgehen methodisch nicht beschreiben.

Limitationen der bisherigen Untersuchungen

Bei allen Untersuchungen handelt es sich um retrospektive Analysen, die für diese Art der Fragestellung nicht primär konzipiert wurden. So ist beispielsweise denkbar, dass Patienten die PPI einnehmen häufiger polymediziert oder multimorbid waren, was das schlechtere Outcome ebenfalls erklären könnte. Um dies zu adressieren führten einige Studien neben univarianten auch multivariante Analysen durch, in denen die Effekte auf mögliche Kofaktoren wie z.B. Alter, Geschlecht, Erkrankungsstadium oder Allgemeinzustand adjustiert wurden. In einigen Untersuchungen bestätigte die multivariante Analyse die signifikanten Effekte, in anderen war dies nicht der Fall oder nur für einzelne Endpunkte (z.B. das progressionsfreie Überleben, nicht jedoch das Gesamtüberleben).

Zusammenfassend kann festhalten werden, dass es trotz dieser Limitationen ernst zu nehmende Hinweise auf einen möglichen negativen Einfluss von PPI auf die Effektivität von Capecitabin gibt. Zu diesem Schluss kam auch eine aktuelle Metaanalyse [7].

Mechanismus der potentiellen Interaktion

Zunächst wurde angenommen, dass ein durch PPI bedingter Anstieg des Magen-pH-Wertes die Löslichkeit und somit die Resorption von Capecitabin reduziert – ein Mechanismus, der bei vielen Kinase-Inhibitoren bekannt ist. Eine der oben zitierten retrospektiven Untersuchungen verglich Patienten mit kolorektalem Karzinom, die entweder das FOLFOX-Schema (intravenöses 5-Fluorouracil) oder das CapeOX-Schema (Capecitabin als orales 5-FU-Prodrug) erhielten [4]. Ein signifikant kürzeres redizivfreies Überleben bei gleichzeitiger PPI-Einnahme zeigte sich ausschließlich in der CapeOX-Gruppe, nicht aber bei intravenöser Gabe von 5-FU in der FOLFOX-Gruppe. Diese Studie bekräftigt den zunächst vermuteten Mechanismus der Interaktion.

In-vitro Untersuchungen und klinische pharmakokinetische Studien konnten die Hypothese der reduzierten Löslichkeit und Resorption jedoch nicht bestätigen. So zeigte z.B. eine prospektive, randomisierte Cross-Over Studie sogar einen etwa 20%igen Anstieg der Bioverfügbarkeit von Capecitabin bei gleichzeitiger Gabe von Esomeprazol [8]. Auch Antazida beeinflussen die Resorption von Capecitabin nicht negativ, diese Information ist sogar in der Fachinformation von Capecitabin enthalten [9]. Falls PPI einen Einfluss auf die Wirksamkeit von Capecitabin haben, scheint dieser nicht über die Resorption vermittelt zu sein, sondern eher pharmakodynamischer Natur.

Fazit

Basierend auf der aktuellen Datenlage kann ein negativer Einfluss von PPI auf die Wirksamkeit von Capecitabin nicht ausgeschlossen werden. Die Indikation für einen PPI sollte daher bei gleichzeitiger Capecitabin-Therapie in jedem Fall kritisch hinterfragt und der PPI bei fehlender Indikation konsequent abgesetzt werden.

Bei säureassoziierten Beschwerden unter Capecitabin, sollten bevorzugt kurzwirksame Antazida eingesetzt werden. Ob H2-Rezeptor-Antagonisten bei stärkeren Beschwerden eine sichere Alternative darstellen, geht aus der aktuellen Datenlage nicht eindeutig hervor. Da der veränderte Magen-pH-Wert vermutlich nicht ursächlich für die verminderte Wirksamkeit von Capecitabin ist, sind H2-Rezeptor-Antagonisten aus unserer Sicht eine mögliche Alternative zu PPI. Die Interaktionsdatenbanken UpToDate, MediQ sowie Stockley´s führen keine Interaktion zwischen Capecitabin und dem H2-Rezeptor-Antagonisten Famotidin auf.


Quellen:

  1. Chu MP, Hecht JR, Slamon D, et al. Association of Proton Pump Inhibitors and Capecitabine Efficacy in Advanced Gastroesophageal Cancer: Secondary Analysis of the TRIO-013/LOGiC Randomized Clinical Trial. JAMA Oncol. 2017;3(6):767-773. doi:10.1001/jamaoncol.2016.3358
  2. Sun J, Ilich AI, Kim CA, et al. Concomitant Administration of Proton Pump Inhibitors and Capecitabine is Associated With Increased Recurrence Risk in Early Stage Colorectal Cancer Patients. Clin Colorectal Cancer. 2016;15(3):257-263. doi:10.1016/j.clcc.2015.12.008
  3. Kitazume Y, Kawazoe H, Uozumi R, et al. Proton pump inhibitors affect capecitabine efficacy in patients with stage II-III colorectal cancer: a multicenter retrospective study. Sci Rep. 2022;12(1):6561. doi:10.1038/s41598-022-10008-2
  4. Wong GG, Ha V, Chu MP, et al. 2019. Effects of Proton Pump Inhibitors on FOLFOX and CapeOx Regimens in Colorectal Cancer. Clin Colorectal Cancer 18(1): 72-79. 10.1016/j.clcc.2018.11.001
  5. Kim SY, Lee JS, Kang J, et al. Proton Pump Inhibitor Use and the Efficacy of Chemotherapy in Metastatic Colorectal Cancer: A Post Hoc Analysis of a Randomized Phase III Trial (AXEPT). Oncologist. 2021;26(6):e954-e962. doi:10.1002/onco.13735
  6. Rhinehart HE, Phillips MA, Wade N, et al. 2018. Evaluation of the clinical impact of concomitant acid suppression therapy in colorectal cancer patients treated with capecitabine monotherapy. J OncolPharm Pract, 10.1177/10781552188182371078155218818237. 10.1177/1078155218818237
  7. Mohyeldeen D, Arafat W. Proton pump inhibitors reduce survival outcomes in patients treated with capecitabine: meta-analysis. Ecancermedicalscience. 2025;19:1868. doi:10.3332/ecancer.2025.1868
  8. van Doorn L, Heersche N, de Man FM, et al. Effect of the Proton Pump Inhibitor Esomeprazole on the Systemic Exposure of Capecitabine: Results of A Randomized Crossover Trial. Clin Pharmacol Ther. 2022;111(2):455-460. doi:10.1002/cpt.2444
  9. Fachinformation Xeloda®, Juli 2022. Zugriff 10.07.2025. https://www.fachinfo.de
  10. Drug Information: Capecitabin. UpToDate. Wolters Kluwer. Version 515.0. Zugriff: 10.07.2025. https://www.uptodate.com
  11. mediQ – Qualitätszentrum für Medikamentensicherheit. Zugriff: 10.07.2025. https://www.mediq.ch/
  12. Medicines Complete. Stockley´s Drug Interactions. Zugriff: 10.07.2025. https://www.medicinescomplete.com

Interaktionen mit pflanzlichen Präparaten/NEM

Meine Patientin nimmt verschiedene freiverkäufliche Präparate ein und soll mit einer oralen Tumortherapie therapiert werden. Wo findet man valide Informationen zum Interaktionspotential pflanzlicher Präparate und anderer Nahrungsergänzungsmittel?

Sofern es sich bei den pflanzlichen Präparaten um Arzneimittel handelt, sind sie meist in den gängigen Interaktionsdatenbanken gelistet. Wird dort keine Interaktion angezeigt, bedeutet das jedoch nicht zwangsläufig, dass keine Interaktionen mit oralen Tumortherapeutika zu erwarten sind. Häufig liegt es vielmehr an einer unzureichenden Datenlage.

Einige pflanzliche Arzneimittel unterliegen keiner Zulassung, sondern lediglich einer Registrierung – dies kann man an Formulierungen wie „traditionell angewendet bei…“ erkennen. Im Gegensatz zu zugelassenen Arzneimitteln sind für registrierte Produkte keine Studien zum Interaktionspotentials erforderlich.

Noch unzureichender ist die Datenlage bei Nahrungsergänzungsmitteln (NEM), die rechtlich als Lebensmittel eingestuft werden. Für diese ist weder ein Wirksamkeitsnachweis noch eine Untersuchung möglicher Interaktionen vorgeschrieben.

Interaktionen, die unserer Erfahrung nach häufig dazu führen, vom Einsatz pfanzlicher Arzneimittel oder NEM abzuraten, sind u.a.

  • CYP450-Interaktionen: u.a. Johanniskraut, Grapefruit-Extrakte, Grüntee-Extrakte (EGCG), Curcumin (insb. hoch dosiert und/oder mit Piperinzusatz zur Verbesserung der Bioverfügbarkeit), Schisandra chinensis
  • Hepatotoxische Effekte: u.a. Kava-kava, Schöllkraut, flüssige Auszüge mit hohem Alkoholgehalt → additiven Effekte mit potentiell hepatotoxischen Tumortherapien bedenken!
  • Risiko einer erhöhten Blutungsneigung: u.a. Ginkgo, bestimmte „Heilpilze“ (z.B. Reishi, Grifola), Rosskastanien-Extrakte → insb. relevant bei gleichzeitiger Einnahme von Thrombozytenaggregationshemmern, Antikoagulantien und/oder bei Tumortherapie-induzierter Thrombozytopenie
  • Weitere pharmakodynamische Interaktionen: u.a. Wirkverstärkung von Fluoropyrimidinen wie Capecitabin durch Folsäure / Folinsäure, die in Multivitaminpräparaten oder als Zusatz in Lebensmitteln enthalten sein kann

Diese Aufzählung ist nicht vollständig, es handelt sich lediglich um eine Auswahl häufiger Interaktionen bzw. Präparate.

Valide Informationsquellen zum Interaktionspotential pflanzlicher Präparaten und NEM

  • About Herbs, Memorial Sloan Kettering Cancer Center
  • CAM Cancer, Norway’s National Research Center in Complementary and Alternative Medicine
  • Onkopedia-Leitlinie Komplementäre und alternative Therapieverfahren, Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO)

Unabhängig vom Interaktionspotential sollte stets auch die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit von NEM hinterfragt werden. Vielen Patientinnen und Patienten ist nicht bewusst, dass für diese Produkte kein Wirksamskeitsnachweis erforderlich ist und dass auch „natürliche“ Präparate mit Risiken verbunden sein können. Zudem können die mitunter hohen Kosten eine vermeidbare finanzielle Belastung darstellen.

Evidenzbasierte Informationen zu Nutzen und Risiken solcher Produkte finden Sie z.B. in der S3-Leitlinie ‚Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen PatientInnen‘. Weitere Quellen zu diesem Thema finden Sie außerdem in unserer Infothek im Abschnitt Komplementärmedizin.


Quelle:

About Herbs. Memorial Sloan Ketterin Cancer Center. Zugriff: 02.07.2025. https://www.mskcc.org/cancer-care/diagnosis-treatment/symptom-management/integrative-medicine/herbs/search

 

Arthralgie unter Aromatase-Inhibitoren

Viele Patientinnen unter antihormoneller Therapie mit Aromatase-Inhibitoren berichten von Arthralgie. Welche Tipps und Empfehlungen kann man den Patientinnen geben?

Arthralgien zählen zu den häufigsten therapieassoziierten Nebenwirkungen bei antihormoneller Therapie mit Aromatase-Inhibitoren (Letrozol, Anastrozol, Exemestan). Für alle drei Wirkstoffe sind Arthralgien sehr häufig beschrieben, zusätzlich treten oft weitere Beschwerden wie Myalgie, Gelenksteifigkeit oder Knochenschmerzen auf.

Pathophysiologische Hintergründe

Aromatase-Inhibitoren reduzieren die periphere Östrogensynthese nahezu vollständig. Da Östrogene eine protektive Wirkung auf Gelenkknorpel, Synovialgewebe und Knochensubstanz ausüben, wird ein kausaler Zusammenhang mit dem Auftreten von Gelenksymptomen angenommen. Zusätzlich könnten entzündliche Mediatoren eine Rolle spielen, der genaue Mechanismus ist allerdings bislang nicht bekannt.

Klinisch-praktisches Vorgehen

Nicht-pharmakologische Maßnahmen:

  • Regelmäßige körperliche Aktivität und gelenkschonender Ausdauersport (z.B. Schwimmen, Walking, Radfahren, Yoga) können Arthralgien vorbeugen und bestehende Beschwerden lindern. Zudem wirkt sich körperliche Aktivität positiv auf die Lebensqualität und das Rezidivrisiko des Mammakarzinoms aus.
  • Gewichtsreduktion bei übergewichtigen Patientinnen reduziert die mechanische Belastung der Gelenke.
  • Akupunktur zeigte in mehreren Studien eine signifikante Reduktion der Schmerzintensität. Die S3-Leitlinie ‚Komplementärmedizin in der Behandlung onkologischer PatientInnen‘ spricht eine „Sollte-Empfehlung“ zum Einsatz von Akupunktur bei Arthralgie unter Aromatase-Inhibitoren aus.
  • Nach einem Wechsel der Einnahmezeit von morgens auf abends berichten einige Patientinnen über eine Reduktion der Beschwerden. Dieser Effekt ist allerdings nicht systematisch untersucht.

Pharmakologische Optionen:

  • Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) können abhängig von Komorbiditäten und Begleitmedikation eingesetzt werden. Eine dauerhafte Einnahme sollte aufgrund der gastrointestinalen und kardiovaskulären Risiken vermieden werden. Gegebenenfalls ist die Verordnung eines Protonenpumpen-Inhibitors indiziert.
  • Duloxetin wird in den aktuellen AGO-Empfehlungen als Option bei Aromataseinhibitor-induzierter Arthralgie genannt („Kann-Empfehlung“)
  • Enzympräparate mit Ananas- oder Papayaenzymen (z.B. Bromelain, Papain) wirken entzündungshemmend und können helfen die Beschwerden zu lindern.
    • Die Evidenz ist begrenzt, die AGO-Empfehlungen sowie die S3-Leitlinie Komplementärmedizin enthalten lediglich Aussagen bzw. Empfehlungen zu anderen Nebenwirkungen (z.B. Schleimhautentzündungen und andere Toxizitäten klassischer Chemotherapeutika). Eine Empfehlung zum Einsatz bei Arthralgien gibt es aktuell nicht.
    • Wichtig zu beachten: als Nahrungsergänzungsmittel sind diese Präparate nicht verordnungsfähig. Selenhaltige Präparate (z.B. Equinovo®, Equizym®) sollten zudem nur nach Bestimmung des Selenspiegels eingesetzt werden. Im Handel sind auch selenfreie Enzympräparate erhältlich (z.B. Karazym®).
  • Eine ausreichende Versorgung mit Calcium und Vitamin D sollte sichergestellt sein, insbesondere im Hinblick auf das Osteoporose-Risiko bei der Therapie mit Aromatase-Inhibitoren.
  • Bei anhaltenden oder starken Beschwerden kann ein Wechsel des antihormonellen Wirkstoffes innerhalb der Wirkstoffklasse (z.B. von Letrozol zu Exemestan) oder auch Wirkstoffgruppen-übergreifend (z.B. von Letrozol zu Tamoxifen) zu einer Abnahme der Beschwerden führen.

Tipp für die Beratungspraxis

Die oben genannten Empfehlungen haben wir in einem Nebenwirkungsmerkblatt für Patientinnen zusammengefasst, das Sie gerne in Ihrer Beratung einsetzen können. Dieses und weitere praxisrelevante Materialien finden Sie in unserem Download-Bereich.


Quellen: 

AGO Breast Committee. Diagnosis and Treatment of Patients with Primary and Metastatic Breast Cancer. Recommendations 2025. Zugriff: 10.07.2025. https://www.ago-online.de

Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen PatientInnen. Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF). Langversion 2.0, 2024. Zugriff: 10.07.2025. https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/supportive-therapie/