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Arthralgie unter Aromatase-Inhibitoren

Viele Patientinnen unter antihormoneller Therapie mit Aromatase-Inhibitoren berichten von Arthralgie. Welche Tipps und Empfehlungen kann man den Patientinnen geben?

Arthralgien zählen zu den häufigsten therapieassoziierten Nebenwirkungen bei antihormoneller Therapie mit Aromatase-Inhibitoren (Letrozol, Anastrozol, Exemestan). Für alle drei Wirkstoffe sind Arthralgien sehr häufig beschrieben, zusätzlich treten oft weitere Beschwerden wie Myalgie, Gelenksteifigkeit oder Knochenschmerzen auf.

Pathophysiologische Hintergründe

Aromatase-Inhibitoren reduzieren die periphere Östrogensynthese nahezu vollständig. Da Östrogene eine protektive Wirkung auf Gelenkknorpel, Synovialgewebe und Knochensubstanz ausüben, wird ein kausaler Zusammenhang mit dem Auftreten von Gelenksymptomen angenommen. Zusätzlich könnten entzündliche Mediatoren eine Rolle spielen, der genaue Mechanismus ist allerdings bislang nicht bekannt.

Klinisch-praktisches Vorgehen

Nicht-pharmakologische Maßnahmen:

  • Regelmäßige körperliche Aktivität und gelenkschonender Ausdauersport (z.B. Schwimmen, Walking, Radfahren, Yoga) können Arthralgien vorbeugen und bestehende Beschwerden lindern. Zudem wirkt sich körperliche Aktivität positiv auf die Lebensqualität und das Rezidivrisiko des Mammakarzinoms aus.
  • Gewichtsreduktion bei übergewichtigen Patientinnen reduziert die mechanische Belastung der Gelenke.
  • Akupunktur zeigte in mehreren Studien eine signifikante Reduktion der Schmerzintensität. Die S3-Leitlinie ‚Komplementärmedizin in der Behandlung onkologischer PatientInnen‘ spricht eine „Sollte-Empfehlung“ zum Einsatz von Akupunktur bei Arthralgie unter Aromatase-Inhibitoren aus.
  • Nach einem Wechsel der Einnahmezeit von morgens auf abends berichten einige Patientinnen über eine Reduktion der Beschwerden. Dieser Effekt ist allerdings nicht systematisch untersucht.

Pharmakologische Optionen:

  • Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) können abhängig von Komorbiditäten und Begleitmedikation eingesetzt werden. Eine dauerhafte Einnahme sollte aufgrund der gastrointestinalen und kardiovaskulären Risiken vermieden werden. Gegebenenfalls ist die Verordnung eines Protonenpumpen-Inhibitors indiziert.
  • Duloxetin wird in den aktuellen AGO-Empfehlungen als Option bei Aromataseinhibitor-induzierter Arthralgie genannt („Kann-Empfehlung“)
  • Enzympräparate mit Ananas- oder Papayaenzymen (z.B. Bromelain, Papain) wirken entzündungshemmend und können helfen die Beschwerden zu lindern.
    • Die Evidenz ist begrenzt, die AGO-Empfehlungen sowie die S3-Leitlinie Komplementärmedizin enthalten lediglich Aussagen bzw. Empfehlungen zu anderen Nebenwirkungen (z.B. Schleimhautentzündungen und andere Toxizitäten klassischer Chemotherapeutika). Eine Empfehlung zum Einsatz bei Arthralgien gibt es aktuell nicht.
    • Wichtig zu beachten: als Nahrungsergänzungsmittel sind diese Präparate nicht verordnungsfähig. Selenhaltige Präparate (z.B. Equinovo®, Equizym®) sollten zudem nur nach Bestimmung des Selenspiegels eingesetzt werden. Im Handel sind auch selenfreie Enzympräparate erhältlich (z.B. Karazym®).
  • Eine ausreichende Versorgung mit Calcium und Vitamin D sollte sichergestellt sein, insbesondere im Hinblick auf das Osteoporose-Risiko bei der Therapie mit Aromatase-Inhibitoren.
  • Bei anhaltenden oder starken Beschwerden kann ein Wechsel des antihormonellen Wirkstoffes innerhalb der Wirkstoffklasse (z.B. von Letrozol zu Exemestan) oder auch Wirkstoffgruppen-übergreifend (z.B. von Letrozol zu Tamoxifen) zu einer Abnahme der Beschwerden führen.

Tipp für die Beratungspraxis

Die oben genannten Empfehlungen haben wir in einem Nebenwirkungsmerkblatt für Patientinnen zusammengefasst, das Sie gerne in Ihrer Beratung einsetzen können. Dieses und weitere praxisrelevante Materialien finden Sie in unserem Download-Bereich.


Quellen: 

AGO Breast Committee. Diagnosis and Treatment of Patients with Primary and Metastatic Breast Cancer. Recommendations 2025. Zugriff: 10.07.2025. https://www.ago-online.de

Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen PatientInnen. Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF). Langversion 2.0, 2024. Zugriff: 10.07.2025. https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/supportive-therapie/